Perikard-Meridian: Beschützer des Herzens

von Lis Kundegraber

In der wundervollen Welt der Meridiane gilt das Herz als Kaiser, der über alles regiert. Als Herrscher über das Blut und die Emotionen trägt er riesige Verantwortung für das gesamte Reich. Eine überaus wichtige Rolle. Da braucht es wohl auch einen, der dafür sorgt, dass all das nicht zu viel für ihn wird.

Der Bodyguard des Kaisers

Je höher die Position, umso wichtiger der Schutz. So braucht natürlich auch der Kaiser einen, der ihn vor Eindringlingen und Gefahren bewahrt. Der Herzbeutel- oder Perikard-Meridian steht in engstem Kontakt zum Herzen und tut diesbezüglich sein Bestes. Er schützt nicht nur das Herz. Er beeinflusst auch seine Ausdehnung. ER ist es, der den Kaiser darüber informiert und berät, wer zu ihm vordringen darf und wer nicht. Gut so. Denn das hochsensible Herz wäre andernfalls schnell überfordert und könnte seinen wichtigen Aufgaben weniger gut nachkommen. Das gesamte Reich käme so in
Gefahr.

Das Tor zum Herzen öffnen und verschließen

Ist der Perikard-Meridian, der Bodyguard, in seiner Kraft, erkennt der Mensch rasch und eindeutig, was er an sich heranlassen soll und wovor er sich besser verschließt. Intuitiv spüren wir dann, wann es gut ist, sich von etwas fernzuhalten und wann es schön und nährend ist, sich zu öffnen.

Das Tor zur Freude

Es ist die Freude, die von allen Gefühlen das Herz besonders nährt. So ist es auch die Aufgabe des Perikards, uns zu ermutigen, uns für die schönen Dinge des Lebens zu öffnen. Zwischenmenschliche Verbindungen zum Beispiel mag er. Man kann sagen: Er ist ein echter Netzwerker. Einer, der Menschen zusammenbringt. Dabei ist für ihn ein wertschätzendes Miteinander auf Herzensebene wesentlich. Denn er weiß: Nur das Echte nährt seinen Herrscher tatsächlich. Auf Social Media würde man ihn daher wohl kaum finden.

Motor des Herz-Kreislauf- Systems

Auch in körperlicher Hinsicht ist der Perikard-Meridian ein Netzwerker. So ist er maßgeblich an der Verteilung des Blutes im Netzwerk der Blutgefäße verantwortlich. In der TCM wird er daher auch als Herz-Kreislauf-Meridian bezeichnet. Ist dieser in seiner vollen Kraft, wird das Blut auch kraftvoll in die fernsten Winkel, sprich Finger- und Zehenspitzen geleitet. Wir spüren das durch warme Hände und Füße. Hoffnungslos frostige Extremitäten hingegen können ein Ausdruck eines schwachen Perikard-Meridians sein.

Sexualität: Die größte Freude des Körpers

Intimität, das Annehmen von Berührung und Vertrautheit, gehört wohl zu den größten Freuden des Menschen. Was so einfach und selbstverständlich klingt, ist es für sehr viele Menschen gar nicht. Denn gerade die gleichzeitige Öffnung des Herzens und des Körpers macht auch verletzbar. Dann doch lieber nur Sex ohne Liebe oder umgekehrt.

Auch hier ist uns der Perikard-Meridian ein wichtiger Freund. Denn er vermag es, das Herz mit dem Unterleib zu verbinden. Wichtig und schön: Über den Körper kann die Seele Heilung erfahren.
So ist es möglich, über die Berührung von Zonen, Meridianen und Akupressurpunkten alte Narben weicher zu machen und Wunden zu schließen.

Hochsensibilität: Wenn der Mantel Risse bekommt

Der Schutz des Herzens steht an erster Stelle. Gut, dass die Natur ihm eine Hülle als Puffer zur Außenwelt gegeben hat. Doch was, wenn dieser Puffer, der Herzbeutel, schwächelt? Was, wenn der schützende Mantel löchrig oder zu dünn wird, um das weniger Gute im Leben fernzuhalten? In diesem Fall prasseln ungefiltert alle möglichen guten und unguten Eindrücke auf das Herz ein. So ein Sturm auf das höchste Amt bringt auf die Dauer selbst den stärksten Kaiser ins Wanken.

Die Folge ist eine emotionale und irgendwann auch körperliche Überforderung. Der Mensch ist schneller verletzt, gekränkt, überfordert und ratlos, was er dagegen tun kann. Zuviel der Reize machen schließlich entweder gereizt oder lassen die Flucht ergreifen. „So ein Sensibelchen“, hört man dann vielleicht noch aus der Ferne.

Wenn die Hülle zum Panzer wird

Das Herz braucht nicht nur Schutz, es braucht auch genügend Raum zur Ausdehnung. Verletzungen in der Kindheit, dramatische Erlebnisse oder schwere Enttäuschungen verletzen nicht nur das Herz. Auch der Herzbeutel und der ganze Brustkorb – die TCM spricht hier vom Palast des Herzens – verhärten sich. Das Herz kann sich nicht mehr so gut ausdehnen. Enge und Druck entstehen. Beginnt der Herz-Raum zu „versteinern“, ist es wichtig, nicht nur das Herz, sondern auch den Herzbeutel zu stärken. Er ist nicht nur sein Beschützer, er ist auch die Verbindung nach außen, der Botschafter der Freude.

„Was brauchst du? Was erfüllt dich wirklich im Innen?“, fragt er seinen Kaiser und unterstützt ihn, so gut er kann, die schönen Dinge im Leben wieder wahrzunehmen.

Seite an Seite

In der Welt der Meridiane bekommt der Perikard-Meridian – verglichen mit anderen Meridianen – wenig Beachtung. Zu Unrecht, denn: Sowohl seine anatomische Position als auch jene als Meridian macht klar, welch überaus wichtige Rolle er spielt. Im Körper ist er hautnah am Herzen und auch als Meridian wirkt er direkt an der Seite seines Kaisers. Am Brustkorb beginnend verläuft er in der Mitte der Innenseite des Armes. Rechts und links an seiner Seite: Der Herz- und der Lungenmeridian. Welch zentrale und lebenswichtige Position! Schenken wir ihm doch mehr Achtung und Aufmerksamkeit. So schützen wir das Wichtigste in uns: Den Motor des Lebens und das Zentrum unserer Gefühle.

→ Passende Übungen und Akupressurpunkte für den Perikard-Meridian findest du hier

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